Der Balkon als Wärmebrücke

Was macht Passivhäuser denn passiv? Und warum braucht man eine Lüftungsanlage? Diese und weitere Fragen stellten bei der Eröffnung einer Wanderausstellung im neuen Kreishaus einige der etwa 20 geladenen Gäste.

Der erste Kreisbeigeordnete Heinz Schreiber begrüßte eine hochkarätige Teilnehmergruppe aus Vertretern der heimischen Banken, Politik, Wirtschaft, Planern und interessierten Bürgern. Er bedanke sich dabei zunächst beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, das die Ausstellung dem Lahn-Dill-Kreis kostenfrei zur Verfügung gestellt hat. „Wohnen in einem Passivhaus bedeutet höchste Wohnqualität bei niedrigsten Energiekosten.“ so Schreiber. Und er ergänzt, dass man auch beim Bau des neuen Kreishauses die gültigen energetischen Standarts um 30% unterschritten habe. Viele Komponenten seinen durchaus mit Passivhäusern vergleichbar. So gibt es auch dort eine kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung, die in Kombination mit der hochgedämmten Fassade für ein ausgeglichenes Raumklima sorgt. Gerade die vergangenen warmen Tage hätten die Vorzüge dieser Technik deutlich gemacht.

Bei der nachfolgenden Führung durch die Ausstellung erklärte der Architekt und Kooperationspartner der hessischen Energiesparaktion, Klaus Ohlwein, den Gästen alles Wissenswerte zu den anschaulichen Modellen. Besonders eines hat es den Männern und Frauen besonders angetan: Die Wärmeleitung über einen Balkon mit durchgehender Betonplatte. Hier kann man den Wärmeverlust förmlich fühlen. Durch Auflegen der Hand erkennt man deutlich den Unterschied zu einem vom dem Haus entkoppelten Balkon.

Nach der etwa einstündigen Veranstaltung und der ausführliche Besichtigung der Ausstellung waren sich alle einig: „Sehr informativ und auf jeden Fall lohnenswert“ fasst der Energie-und Klimaschutzmanager des Lahn-Dill-Kreises, Ingo Dorsten, die Reaktionen zusammen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 9. September im Kreishaus zu sehen.

Hintergrund

In Hessen gibt es 1,36 Millionen Wohngebäude mit etwa 2,83 Millionen Wohnungen. Etwas mehr als zwei Drittel davon wurden vor 1978, also vor der Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet und knapp ein weiteres Viertel von 1979 bis 2000, also vor dem Erlass der ersten Energieeinsparverordnung im Jahr 2002. Nur etwa 6 Prozent der Bestandsgebäude sind nach der Jahrtausendwende fertiggestellt worden.

Der Hessische Energiegipfel hat 2011 als Ziel für das Jahr 2050 definiert, Hessen bei Strom und Wärme möglichst zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist unter anderem eine signifikante Erhöhung der Modernisierungsraten beim Wärmeschutz und bei der Wärmeversorgung notwendig. Dabei ist eine möglichst hohe Qualität der energetischen Modernisierungsmaßnahmen unabdingbar. Mit der heute zur Verfügung stehenden Technik können Altbauten weitestgehend dieselben Anforderungen erfüllen wie Neubauten. Die Hessische Landesregierung hat die Passivhausbauweise von Anfang an fördernd unterstützt: Bereits 1990 wurde mit dem Passivhaus Darmstadt Kranichstein erstmals in Europa ein Wohngebäude mit einem Heizenergieverbrauch unter 12 kWh pro Quadratmeter und Jahr errichtet. Die sehr guten Erfahrungen mit dieser Bauweise haben die Nachfrage seitdem stetig ansteigen lassen. Allein in Deutschland gibt es bereits über 25.000 gebaute und sanierte Wohnungen, Büros, Schulen und andere Gebäude, die nach dem Passivhaus-Standard errichtet wurden. Damit steht der Standard an der Schwelle zur flächendeckenden Umsetzung. Im Hinblick auf den von der EU-Gebäude-Richtlinie ab 2021 vorgeschriebenen Niedrigstenergiegebäude-Standard für Neubauten kommt der Passivhausbauweise besondere Bedeutung zu. Ansprechpartner/in: Ingo Dorsten, Energie- und Klimaschutzmanager des Lahn-Dill-Kreises, email: ingo.dorsten@lahn-dill-kreis.de , Tel.: 06441-4071865