Vor der neuen Heizzentrale des Besucherbergwerks Fortuna mit den beiden aufsitzenden Holzpellet-Silos (von links): Karsten Porezag, Vorstandsvorsitzender Geowelt Fortuna, Michael Volkwein, Vorstandsmitglied, Ingo Dorsten, Energie- und Klimaschutzmanager des LDK, Vizelandrat Heinz Schreiber (Grüne), und Franz Jachan, Geschäftsleiter Fortuna i. R. (Bild: Grube Fortuna)

Grube Fortuna heizt mit eigenem Grubenwasser

Ortstermin auf Grube Fortuna. Stellv. Landrat Heinz Scheiber und Energie- und Klimaschutzmanager Ingo Dorsten vom Lahn-Dill-Kreis ließen sich die neue Heizzentrale der Fortuna erklären. Besonderer Anlass war die Tatsache, dass Fortuna das neue Energiekonzept des Lahn-Dill-Kreises bereits zu 100 Prozent umsetzt und damit eine Vorreiterrolle spielt.

(Text: Karsten Porezag)

Zum Hintergrund:

Mehrmals wurden die Anlagen und Gebäude des einstigen Eisenerzbergwerkes verändert. Die letzte Umbauphase geht auf die Mitte der 50er Jahre zurück, in der das markante weiß verputzte Zechenhaus mit dem Schieferdach gebaut wurde. Die alte Ölzentralheizung entsprach dem damaligen Stand und verschlang trotz diverser Renovierungsmaßnahmen für rund € 24.000,- Heizöl im Jahr – und das nur für ein Gebäude. Zuviel stellte dies 2012 der jetzige  Betreiber, der Verein Geowelt Fortuna e.V. unter seinem Vorsitzenden Karsten Porezag fest. Mehr noch – die Nutzung weiterer Gebäude und des projektierten „Hessischen Rohstoffhauses“ als neues Großmuseum auf der Fortuna würden die Kosten weiter extrem in die Höhe schnellen lassen.

Zum „Hessischen Rohstoffhaus“ sei bemerkt, dass hier erstmalig alle Rohstoffe, die in Hessen gewonnen werden, von ihrer Entstehung und Gewinnung, über Verarbeitung bis zur Anwendung erläutert und für die Besucher „greifbar“ gemacht werden: Erze zur Gewinnung von Eisen und anderen Metallen – sogar Gold wird in Hessen gewonnen, wenn auch nur in kleinem Umfang, Tone zur Keramik- und Porzellanherstellung , Steine, Schotter und Sande. Auch Wasser und Holz zählen zu diesen Rohstoffen. Was liegt deshalb näher, die Beheizung des Gesamtensembles Grube Fortuna mittels Wasser einer Geothermie-Anlage (Nutzung der Erdwärme aus tieferen Erdschichten) und Holz  vorzunehmen. Und zur Geothermienutzung  herrschen auf Fortuna nahezu paradiesische  Bedingungen. Muss doch das in das Bergwerk zulaufende Grundwasser in großer Menge im nutzbaren Temperaturbereich kontinuierlich wieder abgepumpt werden. „Hier laufen uns große Mengen Energie einfach an der Nase vorbei“ bemerkte Franz Jachan, ehemaliger Geschäftsleiter der Geowelt Fortuna, „warum also nicht nutzen?“ So entstand durch das sogenannte „Entwärmen von Grubenwasser“ eine Geothermie-Anlage, die auch richtungsweisend für künftige Anwendungen ist und als Pilotanlage dient.

Technisch gesehen heißt dies, dass hier Grubenwasser über einen Wärmetauscher um etwa 2° C Temperatur abgekühlt wird – ihm wird also Wärmeenergie entzogen. Diese Wärmeenergie wird dann über Wärmepumpen auf nutzbare Heiztemperatur erhöht. Zur Spitzenlastabdeckung steht ein Holzpelletskessel zur Verfügung. Dieses und die gesamte weitere Heiztechnologie sind untergebracht in einer neuen Heizzentrale mit zwei markanten Holzpellet-Silos auf dem Dach. Wer hier annimmt, das es sich dabei um Zementsilos aus der Baubranche handelt, liegt richtig. Sie wurden eigens zum Pellet-Lager umgebaut, weil andere Silos aus Denkmalschutz-Gründen nicht zugelassen wurden.

Diese innovative Anlage heizt nun alle Zechengebäude der Fortuna und das kommende „Hesssischen Rohstoffhaus“. Dank Zuschüssen aus EU-Fördermitteln und bedeutendem Sponsoring der Firma Viessman, des Fachplaners und des ausführenden Heizungsbauers, vom Bauunternehmen bis zum Zimmermann war die neue Anlage nicht viel teurer, als die Neuerrichtung und der Betrieb neuer Heizanlagen in jedem Gebäude. Die Energiekosten lagen im ersten Betriebsjahr trotz stark erweiterter Nutzung deutlich unter dem alten Niveau – und das Beste:

Dank Betrieb der elektrischen Anlagen mit Strom aus regenerativen Energien und der Verwendung von Holz als Zusatzbrennstoff darf die Grube Fortuna wohl als das erste  CO2-immisionsfreise Bergwerk in Deutschland angesehen werden. Bemerkenswert ist auch, dass das Geld für die Holzpellets im heimischen Raum verbleibt und nicht letztlich an internationale Ölmultis gezahlt wird. Man spricht von regionaler Wertschöpfung.

Dennoch bleiben Wünsche offen: Vizelandrat Schreiber nannte z. B. eine Nutzung der Geothermie-Anlage in den ungeheizten Sommermonaten mit Speicherung überflüssiger Wärme für eine spätere Verwendung. Resümee: Vizelandrat Schreiber und Energie- und Klimaschutzmanager Dorsten lobten das außerordentliche Fortuna-Engagement, die längst unter Denkmalschutz stehenden Altanlagen mit hochmoderner und innovativer Technologie zu versehen – und gleichzeitig der Umwelt einen bedeutenden Dienst zu erweisen.